WTH-Mitarbeiterinnen über Weihnachten und Silvester
Heiligabend klingt wie „Apfel“
(mud) – Weihnachten und den Jahreswechsel feiern die Menschen vielfältig und beinahe rund um den Globus. Sie tun das, obwohl erstens nicht alle Christen sind und zweitens der Jahreswechsel weltweit keineswegs überall am gleichen Tag startet. WTH-Geschäftsführer Gero Thieme: „Manche unserer Mitarbeitenden sind nicht in Deutschland geboren oder erst später ins Land gekommen. Wir wollten gern von ihnen wissen, wie beides in ihren Herkunftsländern gefeiert wird – und wie sie es heute damit halten. Sie haben es uns erzählt.“
Für einige sind die letzten Wochen des Jahres grenzübergreifend vor allem: Familienzeit. Andere empfinden die Zeit als besonders bunt und lang. Für alle verbinden sie sich aber stets mit Traditionen und Brauchtum. Die WTH-Mitarbeiterinnen Natalia Ceglarek erzählt aus Polen, Natalie Thunig erinnert an Belarus und Tschechien, Cutian Wolf-Jusuf berichtet aus Indonesien und Nan Li spricht über Sitten und Bräuche in China.
Heiligabend gibt’s Fisch
„In Polen basieren die Feiertage stark auf Tradition, Kultur und auf Religion“, sagt Natalia Ceglarek. In polnischen Haushalten setze man sich zum Heiligabendessen. Am Tisch lässt die Familie Platz für einen verlorenen Wanderer und legt Heu unter die Tischdecke. Die Familie singt Weihnachtslieder und abends gehen alle gemeinsam zur Mitternachtsmesse.
Auf den Tisch sollen zwölf Gerichte kommen: Nach christlichem Brauch sollen die Heiligabendgerichte an die zwölf Apostel erinnern, die beim letzten Abendmahl mit Jesus saßen. Am Heiligenabend wird kein Fleisch gegessen, nur Fischgerichte, Kraut- und Pilzgerichte, Pierogi mit Sauerkraut und Pilzen, Forelle in Gelee, Hering in Sahne, gebratener Karpfen, roter Borschtsch, Pilzsuppe, Gemüsesalat, Nudeln mit Mohn und Trockenfrüchten, Kutia, Käsekuchen und Mohnkuchen, Trockenfrüchtekompott.
Die Familie verbringt die ganze Woche davor mit Kochen und Backen. Am ersten und zweiten Feiertag gibt es dann auch Fleischgerichte. – Und weiter erinnert sich Natalia Ceglarek: „Die Adventszeit hat in Polen nicht so viel Bedeutung. Adventkränze gehören eher zur Seltenheit, kommen aber immer häufiger vor. Auch der Adventskalender. Neuerdings gibt es zudem Weihnachtsmärkte in größeren Städten“. Silvester sei in Polen wie in Deutschland; entweder werde zu Haus gefeiert oder auf großen Bällen.
Karpfen in der Badewanne
Für Natalie Thunig beginnt die Weihnachtszeit am 1. Dezember und endet erst am 14. Januar. Geboren ist sie in Belarus, aufgewachsen in Tschechien – und in Deutschland hat sie ihre Familie gegründet. Für sie ist die Weihnachtszeit besonders bunt und lang.
Es gibt in Belarus sogar zwei Weihnachtstage: den 24. Dezember für Katholiken und den 6. Januar für die Orthodoxen, nach dem Gregorianischer Kalender. Das Neue Jahr ist nach dem alten Kalender am 14. Januar. Die Zeit dazwischen nennt man Kaljady, das ist das Weihnachtsfest und wird vom 6. bis 14. Januar gefeiert. In dieser Zeit sollen böse Geister durch fröhliche Lieder vertrieben werden. Menschen tragen Kostüme, Masken und auch traditionelle belarussische Kleidung. So gehen die festlichen Gesellschaften in den Dörfern von Haus zu Haus. Man singt Lieder zusammen, tanzt und isst vor allem Kuzzja, eine süße Getreidespeise mit Honig, Nüssen, Rosinen oder Mohn.
„In Tschechien“, erinnert sich Natalie Thunig, „stehen kurz vor Heiligabend Fischverkäufer mit Bottichen voller lebender Weihnachtskarpfen auf den Straßen. Viele kaufen die Karpfen und setzen sie lebendig in die Badewanne bis Heiligabend“. Zu Weihnachten servieren die Tschechen traditionell Fischsuppe, Kartoffelsalat mit Karpfen. Einige Schuppen des Karpfens behalten sie in ihren Geldbörsen, das soll finanzielles Glück bringen.
Weihnachten wird in Belarus heute leider kaum gefeiert, dafür aber Silvester am 31. Dezember. Dann kommt Ded Moroz (Väterchen Frost) mit seine Enkelin Snegurochka (Schneewittchen) und bringen Geschenke. Verkleidete Kinder tanzen Ringelreihen um den geschmückten Weihnachtsbaum. Auf dem Tisch kommt Kartoffelsalat “Olivje“ und Rote Beete mit Heringssalat „Pod Schuboj“.
„Selamat Natal dan Tahun Baru“
Das Heimatland von Cutian Wolf-Jusuf ist Indonesien. In dem größten Inselstaat der Welt mit 277 Millionen Einwohnern lebt weltweit der größte Anteil an Muslimen. Anerkannt sind offiziell fünf Religionen. Darunter auch Christen.
„In Jakarta habe ich während meiner katholischen Grund- und Mittelschulzeit den Weihnachtsgottesdienst kennengelernt“, erinnert sie sich. Ihre erste Adventszeit und die Weihnachtsfeier erlebte Cutian Wolf-Jusuf während ihrer Studienjahre in einer deutschen Familie im ostfriesischen Leer.
Sie war über ein Programm des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) nach Leer gekommen. Dieser Dienst ist die größte Förderorganisation für den internationalen Austausch von Studierenden und Wissenschaftlern (hat weltweit mehr als 2,8 Millionen Akademiker unterstützt).
Aus ihrer heutigen Sicht unterscheidet sich Weihnachten in Deutschland und Indonesien doch sehr. „Für meine Familie sind beide Feste heute ‚Einheit in Vielfalt‘“, resümiert Cutian Wolf-Jusuf: „Wir feiern beides – das eine Fest familiär in Dankbarkeit und Liebe. Zum Jahreswechsel wird’s heiter und ausgelassen mit großer Freude auf das Kommende im neuen Jahr.“
In Erinnerung an ihr Herkunftsland wünscht sie allen „Fröhliche Weihnachten und ein gutes neues Jahr“ auf Indonesisch: „Selamat Natal dan Tahun Baru“
Weihnachten ist bei jungen Leuten beliebt
„Weihnachten wurde vor langer Zeit als westliches religiöses Fest nach China gebracht und ist heutzutage mit chinesischer Kultur gemischt“, sagt Nan Li und fügt hinzu: „Es ist ein internationales Fest, das besonders bei jungen Leuten beliebt ist“.
In Deutschland sind ab Heiligabend bis zum 26. Dezember Weihnachtsfeiertage. Familienmitglieder und gute Freunde tauschen Geschenke aus. In China ist die Weihnachtszeit zwar kein nationaler Feiertag, aber in großen Einkaufszentren hängt Weihnachtsschmuck und es gibt Weihnachtsgeschenk-Werbung. Junge Leute kaufen und tauschen Geschenke, gehen zusammen essen und genießen das Fest als kommerzielles Highlight.
Interessanterweise wurde in China etwas Neues am Heiligabend „erfunden“: Man schenkt „Ping An Guo“, zum Beispiel Äpfel, als Geschenk, was bedeutet, gesund zu bleiben. Dies liegt daran, dass die Aussprache von „Heiligabend“ auf Chinesisch „Ping An Ye“ (ruhige, gesunde Nacht) ähnlich klingt wie das chinesische Wort für Apfel, „Ping Guo“. Deswegen schenken sich die Menschen in China zu Heiligenabend Äpfel.
Silvester ist ein internationaler Feiertag, sowohl in Deutschland als auch in China. Die Leute feiern den Jahresübergang gemeinsam mit Familie oder Freunden.