Alles begann im Kinderzimmer (mud) – Als Walter Thieme (61) vor 25 Jahren sein Unternehmen im Kinderzimmer seines älteren Sohnes Lutz gründete, ahnte er sicher nicht, dass sein jüngerer Sohn Gero heute erfolgreich an seiner Seite arbeiten würde. Mittlerweile ist aus der am 24. Februar 1992 gegründeten Einmann-Firma ein erfolgreiches Unternehmen mit 14 Mitarbeitern geworden, das zudem über eine Dependance in Polen samt muttersprachlicher Betreuung verfügt. Seither ist es Jahr für Jahr bergauf gegangen; die Aussichten für die Zukunft sind ebenfalls positiv. Das Stader Fernhandelsunternehmen für chemische Rohstoffe bedient heute mehrere hundert Firmen als Kunden. Noch viel mehr Interessenten versorgt es mit Informationen und Mustern.
Bevor Walter Thieme sich mit der WTH GmbH in Stade auf unternehmerische Beine stellte, hatte er bereits als Fachkaufmann und zuletzt als Abteilungsleiter profunde Erfahrungen in der Branche gesammelt. Es ergab sich dann die logische Möglichkeit zur eigenen Firmengründung.
Thieme nutzte geschickt den Umstand, dass einige ausländische Rohstoffhersteller in Deutschland keine eigenen Vertriebsstrukturen hatten oder sich für sie in bestimmten Marktnischen kein eigener Vertrieb rechnete. Fortan lieferte WTH Rohstoffe an Kunststoffverarbeiter und die deutsche Gummiindustrie. Bald gehörten auch die Großen der Branche zu Thiemes Kunden. Die Kommunikation war damals noch entschleunigt, erinnert sich der Firmenchef: „Alles ging per Telefon und Fax oder Fernschreiber (Telex) – an E-Mails war anfangs noch nicht ernsthaft zu denken.“
Aber die Geschäfte entwickelten sich. Bald wurde aus dem Einmann-Büro ein Importunternehmen in hanseatischer Tradition, das sich in der Branche einen guten Ruf erwarb. Für ein Unternehmen, das chemische Rohstoffe aus aller Welt an Kunden in Deutschland und Europa lieferte, wurde das zehn Quadratmeter kleine Kinderzimmerbüro im Ovelgönner Weg in Stade natürlich rasch zu klein. Dreimal zog WTH innerhalb Stades um, bis die Firma ihren heutigen Sitz 2013 in der Beguinenstraße 13 bezog.
Die Produktpalette reicht heute von Brandschutzmitteln über Weichmacher bis hin zu Feinchemikalien und Spezialitäten. WTH bezieht seine Waren von Herstellern in Asien und Europa, die Walter Thieme regelmäßig bereist. Dabei wird großer Wert auf Kontinuität sowohl hinsichtlich der jeweiligen Produktqualität als auch Nachhaltigkeit gelegt. Ganz nebenbei fungiert das Unternehmen auch als interkultureller „Stoßdämpfer“, indem alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Usancen verschiedener Kulturbereiche ausgleichen und so für alle Beteiligten ein vorteilhaftes Zusammenwirken ermöglichen.
Seit einer Gründung ist das Geschäftsmodell das Ziel der Etablierung einer nachhaltig angelegten Zusammenarbeit: Sowohl mit Lieferanten als auch Kunden, ähnlich einer „Ehe ohne Trauschein“.
Mittlerweile hat er einen weiteren Entwicklungsschritt eingeleitet: die Marken WTH und Addforce. Beispielsweise gibt es jetzt Brandschutzmittel als Addforce-Produkte, etwa das Addforce FR Aluminiumhydroxid oder den WTH-Aufheller. Markenbildung ist für Thieme Qualitätssicherung.
Dass sowohl Öffentlichkeitsarbeit als auch fachlicher Informationsfluss nicht länger mit Telefon und Fax zu bewältigen waren, erkannte Unternehmer Thieme im Sommer 1999. Anfangs noch mit einer günstigen „Komplettlösung“ und Unterstützung örtlicher Internetfachleute brachte er seine Firma ins World Wide Web, da dort damals schon jederzeit und beim konkreten Bedarf sowohl das Unternehmen als auch das Leistungsangebot und weitere Informationen unmittelbar und punktgenau den interessierten Besucher präsentiert werden konnte. Heute spielen das Internet und die IT längst eine zentrale Rolle. Unter anderem auf diesem Gebiet engagiert sich heute Gero Thieme, der die gesamten Anwender-IT Strukturen des Unternehmens erfolgreich auf Zukunftskurs gebracht hat.
WTH hat Stade als Firmensitz nie in Zweifel gezogen, weil der Standort zwischen den wichtigen Seehäfen Hamburg und Bremerhaven ein echter Gewinn ist. Stets am richtigen Ort zu sein, ist für Thieme wichtig. Deshalb unterhält er Warenlager unter anderem in Bremervörde, Bremerhaven und Amsterdam.
Auch das Außenbüro in Poznan (Posen) liegt zentral in Polen in einer wichtigen Wirtschaftregion und ermöglicht die erforderliche räumliche Nähe zu den dortigen Kunden, um den polnischen Markt zu gewinnen. Damit das nachhaltig gelingt, beschäftigt das Stader Unternehmen drei polnische Muttersprachler und betreibt die Firmeninternetseite zusätzlich in polnischer Sprache.
Im Mittelpunkt seines unternehmerischen Handelns steht für Walter Thieme aber immer der Mensch: Um das Know-how zu sichern, hat Thieme in seiner Personalpolitik immer Wert auf die Beschäftigung ausgewiesener Fachleute beispielsweise mit Schwerpunkt Chemie gelegt.
Auch Fort- und Weiterbildung ist für den Geschäftsführer wichtig. Thieme selbst hat beispielsweise bei der IHK einen Abschluss als „Business Coach“ gemacht. „Ständiges Lernen gehört für uns zur Firmenkultur“, sagt Thieme: Viele seiner Mitarbeiter haben Fachseminare, Führungstrainings oder andere Lehrgänge absolviert. Dabei werden nicht nur Informationen ausgetauscht, sondern auch bestehende Kontakte vertieft und neue geknüpft.
Auch die Berufsausbildung steht unverrückbar auf der Agenda, versichert Thieme: „Seit 2008 haben wir sieben Auszubildende gehabt, die bei uns erfolgreich zu Groß- und Außenhandelskaufleute ausgebildet wurden – und im Sommer 2017 soll es auch wieder einen geben.“